
mukoviszidose
Bücher spielen oft eine große Rolle im Leben von Kindern. Bilderbücher, Vorlesegeschichten, Figuren aus Büchern. Sie regen die Fantasie an, die Kinder finden sich in einer Geschichte wieder, verarbeiten Erlebnisse aus dem Alltag, fiebern mit den Figuren mit. Viele Erwachsene erinnern sich noch, welche Bücher für sie als Kinder besonders wichtig waren.
Die Vorsitzende des Mukoviszidose Vereins cfi-aktiv e.V., Henriette Staudter, erzählt bei der Buchvorstellung im Schwabinger Kinderkrankenhaus, wie wichtig ein Kinderbuch für ihren an Mukoviszidose erkrankten, inzwischen erwachsenen Sohn war, das die Erkrankung thematisierte: „Es hat ihm gezeigt, dass er nicht alleine ist. Dass es noch andere Kinder mit dieser Erkrankung gibt. Und das war so wichtig für ihn!“ So ein Buch ist „Tino Mukolino“. Aber Tino Mukolino ist auch für gesunde Kinder eine spannende Lektüre. Denn, sich in einer neuen Umgebung behaupten zu müssen und Freunde zu finden, die mit einem durch dick und dünn gehen, das sind Erfahrungen, die jedes Kind macht.
Tino ist acht Jahre alt. Er zieht mit seiner Familie um und in der neuen Schule ist alles neu und aufregend. Er lernt Frieda kennen, die in dieselbe Klasse geht wie er und freundet sich mit ihr an. Die Lehrerin stellt ihn den anderen Kindern vor und gleich zu Anfang erklärt sie der Klasse, dass Tino einen „Zauber-Atem“ hat. Die Neugier der Kinder ist geweckt und im Laufe des Buches erfahren sie, was es mit Tinos „Zauber-Atem“ auf sich hat und was bei Tino anders ist. In anschaulichen Bildern macht das Buch verständlich, was bei der Erkrankung mit dem schwierigen Namen im Körper schief läuft. Tino selbst erklärt, was er tun muss, damit es ihm gut geht, was zu seinem täglichen Programm gehört und die Lehrerin ergänzt, worauf sie alle gemeinsam achtgeben können, damit es Tino gut geht.
Was ist Mukoviszidose?
Dank verbesserter Therapien hat sich die Situation der Erkrankten in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert. Dennoch ist die Diagnose Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose (CF) genannt, für Eltern ein Schock. Denn es handelt sich um eine nicht heilbare Erkrankung. Sie fordert von den betroffenen Familien und Kindern sehr viel Eigeninitiative und Energie, kann aber, wenn man sich strikt an die Therapiepläne hält, gut behandelt werden. Nicht heilbar, aber gut behandelbar. Mukoviszidose ist eine Erbkrankheit. Durch ein verändertes Gen auf Chromosom 7 ist bei den Betroffenen der Wasserhaushalt der Zellen gestört. Dadurch kommt es zu zäher Schleimbildung in den Organen. Besonders die Lunge, die Leber, der Darm und die Bauchspeicheldrüse sind in der Folge für Entzündungen anfällig. Die Reinigungsfunktion der Atemwege ist dadurch zum Beispiel erschwert.
Wie wird Mukoviszidose diagnostiziert?

mukoviszidose
Mit dem sogenannten Schweißtest, bei dem der Salzgehalt des Schweißes gemessen wird, oder mittels eines Gentests über eine Blutprobe lässt sich die Diagnose stellen. Problematisch ist, dass ein Test auf Mukoviszidose in Deutschland nicht zum standardmäßigen Neugeborenen-Screening gehört. Das führt dazu, dass sich die Diagnosestellung in vielen Fällen verzögert, was sich negativ auf die Gesundheit der Babys auswirkt. Denn je früher die Behandlung bei einer Mukoviszidose beginnt, desto besser ist die Prognose der Patienten.
Wie verbreitet ist Mukoviszidose?
Weltweit betrachtet, ist Mukoviszidose eine seltene Erkrankung, aber unter hellhäutigen Menschen ist sie eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen. Mukoviszidose ist also in Nordamerika und Europa sehr viel häufiger als in Asien und Afrika. In Deutschland kommt jeden dritten Tag ein Kind mit Mukoviszidose zur Welt. Was viele nicht wissen: Etwa jeder 20. Mensch in Deutschland trägt das Mukoviszidose-Erbmerkmal in sich, ohne erkrankt zu sein und meist, ohne es zu wissen. Wenn zwei gesunde Träger ein gemeinsames Kind bekommen, beträgt die Wahrscheinlichkeit, ein an Mukoviszidose erkranktes Kind zu bekommen 25 Prozent. Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 1:4.
Wie sieht die Behandlung aus?
In Mukoviszidose-Spezialambulanzen kümmern sich geschulte Teams um alle Aspekte der Erkrankung. Regelmäßige Arztbesuche gehören zum Pflichtprogramm. Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten arbeiten intensiv mit den Kindern, um deren Körperbewusstsein zu schulen und ihnen eine ganze Auswahl an Übungen zu vermitteln. Dabei geht es darum, die Atemräume beweglich zu halten, den Schleim zu lösen und durch Atemtechniken das Abhusten zu ermöglichen. Tägliche Inhalation gehört zum Programm, ebenso wie die Einnahme von Medikamenten zur Infektionsbekämpfung. Kinder mit Mukoviszidose sollen häufige Mahlzeiten einnehmen. Sie unterstützen die Verdauungsleistung mit Enzymen, die sie zu den Mahlzeiten einnehmen. Das tägliche Pensum ist enorm und zeitaufwendig und fordert den Kindern viel Disziplin und Ausdauer ab.
Was können alle tun, damit es den Tinos und Tinas dieser Welt gut geht?
Für Kinder mit Mukoviszidose ist Bewegung und Sport besonders wichtig, um die Beweglichkeit des Brustkorbs zu erhalten und die Muskeln zu stärken. Gruppensport macht natürlich besonders viel Spaß und für Kinder mit Mukoviszidose ist es eine wichtige Erfahrung, dazuzugehören und ein normales Leben zu führen. Dass Kinder mit Mukoviszidose husten, führt oft zur fälschlichen Annahme, dass sie eine ansteckende Erkältung haben. Aber Mukoviszidose ist nicht ansteckend. „Hör doch mal auf zu husten!“ oder „Bleib doch daheim, bis du deinen Husten auskuriert hast!“ sind Sätze, die ein Kind mit Mukoviszidose sicher oft hört – aber nicht hören sollte!
Aufklärung und ein offener Umgang sind wichtig, damit Kinder mit Mukoviszidose keine Ausgrenzung erfahren. Je mehr sachgerechte Informationen über den Hintergrund von Erkrankungen im Umlauf sind und je früher Kinder ein Verständnis für andere entwickeln, desto besser wird ein harmonisches Miteinander möglich. Das ist eine Botschaft, die Tino Mukolino auf einfühlsame und humorvolle Weise vermittelt.
Illustrationen (c) Markus Grolik
Fotos (c) Milly Orthen