
Und gerade diese persönlichen Ess-Erfahrungen ihrer eigenen Kindheit sitzen heute immer mit am Familientisch.
D. h. die Kindheitserinnerungen der Eltern spielen für den Umgang mit Essen bei den eigenen Kindern eine wichtige Rolle, prägen das Verhalten und das Miteinander am Esstisch. Was tun, wenn jede Mahlzeit aus dem Ruder läuft und zu Stress für alle Beteiligten wird?
Tisch- und Essensregeln
Damit Ihre Familienmahlzeiten in einer angenehmen harmonischen Atmosphäre ablaufen, ist es wichtig, Tischregeln einzuführen, an die sich alle Familienmitglieder halten sollen. Überlassen Sie nicht Ihrem Kind das Kommando. Ungünstige Gewohnheiten und schlechtes Benehmen beim Essen sind die Folgen, wenn Sie als Eltern zu wenig konsequent sind. Mit klaren Vorgaben vermeiden Sie Machtkämpfe beim Essen. Lassen Sie sich auch auf keine Diskussionen ein. Kinder erkennen sofort die Schwachstellen ihrer Eltern und nutzen diese schamlos aus.
Vorbildwirkung der Eltern
Von vielen Eltern wird häufig nicht bewusst wahrgenommen, welche bedeutende Rolle ihnen als Elternteil zukommt. Alles was sie tun, wird von ihren Kindern aufmerksam beobachtet und zur Nachahmung gespeichert. Gehen Sie immer mit gutem Beispiel voran. Wenn Sie sich anders verhalten, als Sie es von Ihrem Kind erwarten und ihm das vorhalten, verlieren Sie Ihre Glaubwürdigkeit gegenüber Ihren Kindern. Wie Sie Ihr Leben gestalten, welche Handlungsweisen Sie an den Tag legen, ist für Ihr Kind ausschlaggebender als das, was Sie ihm erklären. Große Reden verlieren schnell an Wirkung, wenn Sie Ihr Leben nicht nach jenen Grundsätzen leben, die Sie Ihrem Kind vermitteln möchten. Denken Sie immer daran! Verlangen Sie nicht von Ihrem Kind etwas zu essen, was Sie auch nicht mögen und essen. Essen soll Spaß machen, es soll weder als Belohnung dienen (“Wenn du deinen Teller leer isst, gehen wir auf den Spielplatz“) noch als Strafe eingesetzt werden (“Wenn du nicht aufräumst, gibt es keinen Nachtisch“). Denn wer lernt, dass das Essen mit Konditionierung verknüpft ist, wird sich später vielleicht weiterhin mit Lebensmitteln trösten oder strafen. Damit sind Essstörungen vorprogrammiert: die Tafel Schokolade als Trost für die verhauene Deutscharbeit, das Erbrechen bulimiekranker Mädchen als Reaktion auf frustrierende Erfahrungen.
Probleme sind am Esstisch tabu
Wenn Sie als Erwachsene schon Schwierigkeiten damit haben, Kopf und Bauch in Einklang zu bringen, wie schwierig muss es da erst für Ihr Kind sein - wenn die gemeinsame Mahlzeit dazu dient, Alltags-Probleme zu erörtern oder Diskussionen zu führen. Doch in vielen Familien scheint die Zeit, zu der sich alle um den Esstisch herum versammeln, wie geschaffen zu sein, um genau diese Probleme anzusprechen. Schon allein die Frage 'Na, was macht die Schule?' kann der Auslöser für Streit sein. Warum tun wir uns so schwer mit einer angenehmen, freundlichen Atmosphäre beim Essen? Wir reißen unsere Kinder doch nachts auch nicht aus dem Schlaf, um mit ihnen Probleme zu besprechen. Probleme sollten beim Essen im Familienkreis tabu sein. Denn Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme und Kalorienzufuhr: Es ist sinnlicher Genuss. Ein nett gedeckter Tisch, eine leckere Mahlzeit, die allen schmeckt, eine entspannte Stimmung mit lockeren, freundlichen Gesprächen: So sollte es sein. Problemgespräche und Erziehungsversuche können warten, bis das Essen vorüber ist. Und am besten versammelt sich die Familie zu ernsten Gesprächen auch dann nicht um denselben Tisch, an dem gegessen wird; sensiblen Kindern schnürt es beim nächsten Essen den Magen zu, wenn an diesem Tisch zuvor Probleme erörtert wurden.
Spielregeln fürs Essen
WAS: Sie als Eltern entscheiden, welche Speisen Sie Ihre Kind anbieten wollen. Ist Ihr Angebot vielfältig, ausgewogen und vollwertig, läuft Ihr Kind nicht Gefahr, zu viel, zu wenig oder das Falsche zu essen.
WANN / WIE: Feste Essenszeiten geben Kindern Sicherheit und könne ndurchaus Essstörungen vorbeugen. Fehlende Regelmäßigkeit bei den Mahlzeiten kann ein Grund für Übergewicht sein. Je regelmäßiger die Mahlzeiten stattfinden, desto weniger Stress gibt es mit dem Hunger zwischendurch. Auch in welcher Situation gegessen wird, ist entscheidend. Sitzt das Kind allein vor dem Fernseher, oder gemeinsam mit anderen Personen am Tisch – diese Tatsache hat durchaus Einfluss auf die Menge, die gegessen wird. Die Frage nach dem „Wie“ legen Sie mit den Tischregeln fest. Sie entscheiden, ob Essen zu Stress wird oder nicht.
WIE VIEL: Ihr Kind entscheidet selbst, ob und wie viel es vom Angebot isst. Nicht die Menge, die gegessen wird, entscheidet, ob ein Kind zu viel oder zu wenig gegessen hat. Jedes Kind hat einen anderen Grundkonstitution bzw. einen anderen Energiebedarf, wonach sich die individuelle Essensmenge richtet. Ihr Kind muss zu allen Mahlzeiten zu Tisch kommen, aber es muss nichts essen, wenn es gar nichts mag. So wird
kein Druck ausgeübt und kein unnötiger Stress wird erzeugt.
Ein Vertrag für alle
Damit die genannten Regeln auch eingehalten werden, kann von allen Familienmitgliedern ein Vertrag abgeschlossen werden: Alle unterschreiben ihn und alle halten sich daran. In diesem Vertrag legen Sie die Tisch- und Essensregeln fest. Mögliche Punkte können z. B. sein:
Vor dem Essen werden die Hände gewaschen. Kein Aufstehen während dem Essen (das gilt auch für die Köchin bzw. den Koch). Spielsachen oder andere Gegenstände gehören nicht auf den Esstisch. Mahlzeiten werden nicht rigoros abgelehnt: Jedes Essen wird erst mal probiert. Ihr Kind hört auf zu essen, wenn es satt ist. Alle helfen zusammen: Beim Tisch decken und beim Abräumen. Jedes Familienmitglied hält sich an die Regeln. Die Regeln werden gut sichtbar für alle in der Nähe des Esstisch angebracht. So haben sie immer alle im Blick.
Tipps für den Genuss am Esstisch:
- Sehen Sie die gemeinsame Zeit am Esstisch als „Aus-Zeit“ vom Alltag an, in der Problemgespräche tabu sind. Sorgen Sie für eine nette, entspannte Atmosphäre für alle.
- Bewerten Sie das Essverhalten Ihres Kindes nicht zu hoch. Vermitteln Sie ihm: Essen ist etwas Freiwilliges, Angenehmes, Genussvolles und es macht Spaß.
- Setzen Sie das Essen nicht als Belohnung oder Strafe ein.
- Beteiligen Sie Ihr Kind an den Vorbereitungen und der Zubereitung der Mahlzeiten. - Lachen Sie viel am Tisch! Dann verbinden Kinder auch später das gemeinsame Essen mit positiven Emotionen – diese Erlebnisse prägen das spätere Ess-Verhalten Ihrer Kinder.