
Nicht nur im Naturkostfachgeschäft, dem alt-bekannten Bio-Laden, sondern auch im Lebensmitteleinzelhandel wie in Discountern, in Bio-Supermärkten, in Hofläden und sogar an der Tankstelle finden wir Lebensmittel mit dem sechseckigen, deutschen Biosiegel.
Aber was verraten die verschiedenen Siegel über Bioprodukte?
Im Label-Dschungel der nachhaltigen Produkte verliert man leicht den Überblick. Ursprünglich sollten Labels für umwelt- und sozialverträglich hergestellte Lebensmittel uns Konsumenten eine einfache Orientierungshilfe für bewusstes Einkaufen geben. Reduziert auf eine bildliche Darstellung geben sie Auskunft über Produktion, Arbeitsbedingungen oder Inhaltsstoffe des betreffenden Lebensmittels. „Bio“ ist die Sammelbezeichnung für Lebensmittel, die aus ökologischer Landwirtschaft stammen und ohne chemisch-synthetische Zusatzstoffe hergestellt bzw. weiter verarbeitet werden. Die Lebensmittel sollen möglichst frisch und vollwertig sowie umweltschonend hergestellt und verpackt sein. Der Anbau der Lebensmittel, ihre Herstellung und ihre Verarbeitung erfolgt dabei unter der Achtung der Rechte aller Lebewesen: Mensch, Tier und Pflanze. Auch dem Boden kommt besondere Bedeutung zu. Viele Bio-Produkte werden zusätzlich fair und sozial verträglich verarbeitet und gehandelt. Im “Ökobarometer 2012” des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gaben 76 Prozent der gut 1.000 befragten Bundesbürger an, Ökoprodukte zu kaufen. Das sind fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Grund: Bei den meisten der Befragten ist es der Wunsch, sich gesünder zu ernähren und mit Hilfe von Bio-Lebensmitteln weniger Schadstoffe zu sich zu nehmen. Viele Kunden greifen auch wegen der Kinder zu Produkten mit dem Bio-Siegel. Aufgrund der mittlerweile unübersichtlichen Vielzahl der Bio-Siegel gilt: Augen auf beim Kauf – nicht überall, wo ein Bio-Siegel drauf ist, ist auch so richtig „Bio“ drin. Die Richtlinien der einzelnen Siegel variieren, und so manche Werbeslogans verschleiern die konventionelle Herstellung der Lebensmittel sogar.
„Bio“ nicht mehr Bio genug?
Früher war es ganz einfach: Jedes Produkt wurde natürlich hergestellt. Doch was für den einen noch natürlich war, wurde dem anderen doch irgendwann zu künstlich. Ein einheitliches Siegel sollte Abhilfe schaffen. Die Bundesregierung entwickelte auf dieser Grundlage das sechseckige Bio-Siegel, das seit 2001 auf allen Produkten abgebildet ist, die nach Vorgaben des ökologischen Landbaus hergestellt sind. Etwa 30.000 Produkte tragen mittlerweile dieses Siegel. Laut Gesetz müssen mindestens 95 % der Inhaltsstoffe aus Bio-Anbau stammen, damit Lebensmittel das deutsche Bio-Siegel tragen dürfen. Das Bio-Siegel der Bundesregierung gehört zu einem der verlässlichsten Siegel, und solange dieses auf den Verpackungen aufgedruckt ist, ist der Kauf unbedenklich.Seit 2010 prangt nun neben dem bekannten staatlichen Bio-Siegel zusätzlich auf jeder Packung ein europäisch einheitliches Bio-Siegel – eine Kornähre mit Sternen, die stellvertretend für die europäischen Mitgliedsstaaten stehen. Bei beiden Siegeln gilt: Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel, artgerechte Tierhaltung, jährlicher Pflanzenwechsel, Verbot von Genmanipulation. Auch die Begriffe “Bio(logisch)” und “Öko(logisch)” sind daher mittlerweile gesetzlich geschützt. Alles, was in der EU unter diesen Bezeichnungen auf den Markt kommt, muss den Vorgaben entsprechen. Das deutsche Bio-Siegel ist im Gegensatz zum grünen, europäischen Euroblatt nicht gesetzlich Pflicht, es ist aber eine sichere Orientierung, dass die Erzeugnisse alle aus kontrolliert ökologischem Landbau stammen.
Was taugen Bio-Siegel im Discounter?
Doch wer sich eine Verpackung einmal genauer ansieht, wird feststellen, dass häufig weitere Siegel auf den Verpackungen abgebildet sind. Ob Demeter, Bioland oder Naturland - weitere Zertifizierungen werden von den einzelnen Bioverbänden vergeben. Darin haben sich Biobauern zusammengeschlossen, die ihre Lebensmittel meist noch nach sehr viel strengeren Richtlinien herstellen, als dies die EU-Öko-Verordnung verlangt. Den wachsenden Trend nach Bio-Produkten haben längst auch die großen Supermarktketten und der Billig-Discounter für sich entdeckt, und sie versuchen mit eigenen Siegeln, diesen Trend mitzugehen. Die Bio-Eigenmarken halten sich an die Vorschriften des staatlichen Bio-Siegels, gehen in ihren Anforderungen an Bio-Qualität allerdings auch selten über diese hinaus. Nur wenige Eigenmarken, wie z.B. Naturkind, Rewe Bio und Grünes Land, haben teilweise zusätzliche Kontrollen.
Irreführende Bezeichnungen
Aufpassen sollten Sie vor allem bei Bezeichnungen wie “kontrolliert” oder “integriert”. Mit ökologischer Produktion hat diese Begrifflichkeit nicht viel zu tun. Fehlt ein zertifiziertes Siegel, ist das ein klarer Hinweis für konventionelle Herstellung. Gleiches gilt bei positiv klingenden Bezeichnungen wie “umweltfreundlich”, “umweltschonend”, “naturnah” oder “ungespritzt”. Sie alle sind keine sicheren Hinweise auf die ökologische Herkunft der Produkte. Neben all dem Wirrwarr der verschiedenen Siegel empfiehlt es sich, die Produkte direkt beim Erzeuger zu kaufen. Wer also die Möglichkeit hat, beim Bauern des Vertrauens Obst oder Gemüse zu beziehen, ist auf der sicheren Seite. Vorteil: Lange Transportwege, die die Umwelt belasten, entfallen, und ein Besuch auf dem Bauernhof lohnt allemal. Denn nicht alles, auf dem “Bio” steht, ist auch nachhaltig. Umgekehrt ist nicht alles, was ein Bio-Siegel aufweist, besser für den Konsumenten und seine Umwelt.
Qualität von konventionell und „Bio“
Auf die Frage, was der Zusatz "Bio" bei Lebensmittel ausmacht, liefert ein Blick auf die Produktions-Methoden der Biobauern eine Antwort. Biobauern lassen ihren Pflanzen Zeit. Je länger Wurzeln im Boden bleiben, Blätter am Baum oder Früchte am Strauch, desto mehr Nähr- und Farbstoffe entwickeln sie. Als sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe kommen sie dann unserem Körper zugute. Außerdem schmecken solche Pflanzen intensiver: Sie enthalten weniger Wasser. Bauern, die herkömmlich arbeiten, ernten Tomaten, Erdbeeren und viele andere Sorten meist bevor sie reif sind. Auf der langen Reise in den Laden sollen sie nachreifen. Ihr Nährwert fällt dann geringer aus. Das gilt aber nicht für herkömmlich angebautes Gemüse aus der Region, das gerade Saison hat. Das wird auch nicht vorzeitig geerntet. Deswegen kann Gemüse der Saison ähnlich viele Nährstoffe haben wie Bioware, die lange transportiert wurde.Die Qualität von Obst und Gemüse hängt also davon ab, welche Sorte der Bauer wählt, ob die Pflanze in der Sonne oder im Schatten wächst, ob die Pflanze reif geerntet wird und wie lange das Gemüse im Lager liegt.