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So soll es auch in Zukunft in der Asklepiosklinik in Bad Tölz aussehen. Das wäre der Wunsch der ansässigen Hebammen bzw. der betroffenen Eltern.
Monatelang haben Hebammen, Eltern und Tausende Unterstützer öffentlich und per Online Petition gegen die Schließung der Geburtshilfe Bad Tölz demonstriert. Gebracht hat es im Endeffekt wenig. Die Geburtshilfe Bad Tölz soll geschlossen werden und das, obwohl im Tölzer Klinikum jährlich circa 550 Geburten stattfinden. Eine erste Schließung findet nun Ende März statt.
Am Freitag, 17. März, fand im Landratsamt eine öffentliche Sondersitzung statt, um über das weitere Vorgehen der Geburtshilfe zu diskutieren. Landrat Josef Niedermaier lud hierzu den Kreisausschuss, sowie acht Experten ein. Dr. Stephan Krone (Gynäkologe in der Geburtshilfe Bad Tölz), Dr. Manfred Stumpfe (Gynäkologe in der Geburtshilfe Wolfratshausen), Martina Winkler (Sprecherin der örtlichen Hebammen), Astrid Giesen (1. Vorsitzende des Bayrischen Hebammen- Landesverbandes), Christine Wehrstedt (Hebamme – Universität Witten/ Herdecke), Prof. Dr. Günter Neubauer (Institut für Gesundheitsökonomik), Prof. Dr. Matthias W. Beckmann (Professor und Direktor der Frauenklinik Erlangen), sowie Dr. Thomas Krössin (Medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums München). Der große Sitzungssaal war zudem mit über 100 Zuschauern besetzt. Einige Eltern brachten auch ihre Babys mit. Eine Zukunft für die Geburtshilfe wird es nur geben, sofern eine Kooperation mit einer großen Klinik zustande kommen würde. Diese wäre allerdings nur möglich, wenn das Kreistag dies festlegen würde. In der Sitzung war von einem Zuschuss in Höhe von 1,8 Millionen Euro die Rede.
Stephan Krone, noch Facharzt für Gynäkologie in der Geburtshilfe Bad Tölz, dessen Vertrag Ende März ausläuft, äußerte sich ausdrücklich gegen eine Schließung. Sinnvoll erschien ihm eine Kooperation mit Garmisch oder Agatharied. "Es ist wichtig, an die Kinder zu denken, auch wenn dies nun mal Geld kostet."
Die Kooperation mit Agatharied sah Matthias W. Beckmann anders. Seiner Meinung nach sei Agatharied nicht geeignet, da auch im Notfall Babys nach Rosenheim gebracht würden.
Die Wunsch-Klinik, wie sollte sie aussehen
Einer Umfrage zufolge, gaben werdende Eltern an, ihre Wunschklinik nach folgenden Kriterien auszusuchen. Am wichtigsten sei es, dass die Klinik gut erreichbar ist und
ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden sind. An zweiter Stelle steht ein gutes Angebot an Essen. Auch die Räumlichkeiten spielen eine große Rolle, im Mittelspunkt steht dabei der Wohlfühlfaktor. Erst an vierter Stelle wurden gute Hebammen genannt, das Schlusslicht bildet die gute ärztliche Versorgung.
Martina Winkler, Sprecherin der örtlichen Hebammen, machte in ihrem Vortrag deutlich "Was die Konsequenzen wären, wenn die Geburtshilfe tatsächlich schließen sollte?". Es sind die umliegenden Kreißsäle, die 800 zusätzliche Geburten auffangen müssten. Dafür sind die Kliniken nicht aufgerüstet und es fehle zusätzlich an Personal. Sie legte Fälle aus einer Münchner Geburtsklinik dar, in der Frauen, die trotz der bereits eingesetzten Wehen, auf Grund personellen Unterbesetzung oder räumlichen Engpässen abgewiesen wurden.
Weiterhin machte sie deutlich, was es für den Landkreis und den werdenden Eltern bedeuten würde, keine ortsnahe Geburtshilfe zu haben. Nicht nur das bereits bestehende Personal selbst sei betroffen, auch die ortsansässigen und erfahrenen Hebammen würden den Landkreis verlassen.
"Die Anfahrt zur nächsten Geburtshilfe sollt die 30 Minuten-Schwelle nicht überschreiten". Dies wäre für Schwangere, beispielsweise aus der Jachenau, gar nicht mehr gegeben. Die Kosten durch die Nutzung des Rettungsdienstes würden ebenfalls steigen, was letztendlich bedeuten würde, dass die Rettungskräfte häufiger eingesetzt und dadurch akute Notfälle nicht schnell genug versorgt werden könnten.
Statt Klinik geburtshilfliches Zentrum
Hoher Qualitäts- und Komfortstandard für die werdenden Eltern würden erhalten bleiben, wenn eine wohnortsnahe Geburtshilfe erhalten bliebe. "Das bedeutet für werdende Eltern kurze Wege in den Kreißsaal, dadurch werden Geburten 'am Straßenrand' vermieden". Werdende Eltern haben die Sicherheit, dass sie im Notfall von Hebammen und Gynäkologen kompetent betreut werden. Hebammen sorgen durch die persönliche Betreuung zusätzlich dafür, dass eine positive Geburtserfahrung stattfindet.
Um die Versorgung der werdenden Mütter und Säuglingen zu gewährleisten, fordern die Hebammen, dass die wohnortsnahe Geburtshilfe im Landkreis, durch geburtshilfliche Zentren aufrecht erhalten bleibt. "Eine 1:1-Betreuung durch die Hebamme bedeutet Sicherheit für Eltern, wodurch die Existenzsicherung der Hebammen im Landkreis gewährleistet ist". Zusätzlich zu einem ehrlichen, offenen und würdigen Umgang, wünschen sich nicht nur die Hebammen, noch viele Tölzer Kindl.
Um dies zu realisieren, erläuterte Matthias W. Beckmann, dass es nur möglich sei, wenn die Klinik schwarze Zahlen schreiben würde. „Dazu sind ein Chefarzt, zwei Oberärzte, fünf Assistenzärzte bis zu 1000 Geburten und 700 gynäkologische OPs nötig.“ Ein Babynotarztwagen sei zusätzlich unerlässlich. „Im Ernstfall ist in erster Linie das Kind, an denn im Ernstfall sei in erster Linie das Kind, in zweiter Linie die Mutter in Gefahr. Schon aus dieser Sicht wäre Agatharied nicht die Lösung für Bad Tölz, denn von dort würden Babys im Risiko nach Rosenheim gebracht werden.“
Elternaktion - Plakate zuerst ausgerollt, dann wieder eingerollt
Eine schöne Idee hatten die Tölzer Eltern, die im Vorfeld der Veranstaltung ein 70 Meter langes Stoffband mit den Namen und Geburtsdaten ihrer Kinder ausgebreitet hatten. Leider mussten Sie es vor der Sitzung wieder abhängen.