
© PerlenVorDieAugen - Fotolia.com
Frühförderung!/?
Keine Panik: Mit dem Eltern-Herz am rechten Fleck und etwas Kreativität in der Erziehung kann nicht viel schief laufen.
Am Thema „Frühförderung“ scheiden sich die Geister:
Während die einen ihren Spross schon mit neun Monaten ins Baby-Englisch schicken, haben wiederum andere die Meinung „ah, so ein Schmarrn, bis jetzt is noch jeda groß gwordn!“.
Zunächst muss man ganz klar unterscheiden zwischen „Frühförderung“ und „früher Förderung“. Ersteres ist nach ärztlichen Diagnosen dringend notwendig, Zweites ist überwiegend Geschmackssache. Beide Dinge werden oft verwechselt und in Zeiten von PISA und G8 stehen Familien häufig unter einem solchen Druck, dass sie bereits im Säuglingsalter an Englisch-Kurse und Co. denken, um ja nichts zu verpassen.
Das einmal vorab: Jedes Kind hat seinen eigenen Lebens- und Bauplan in sich. Jedes Kind wird seine Schritte dann machen, wenn es soweit ist. Man kann etwas unterstützend mitwirken, aber man wird aus einem Kind keinen Sprach-Künstler machen, nur weil es mit neun Monaten in einem Englisch-Kurs gewesen war.
Andere Kinder brauchen hingegen sehr dringend Hilfe, Förderung und Unterstützung. Gut, wenn man hier bei guten Kinderärzten ist, die frühzeitig erkennen, dass das Kind einer Frühförderung bedarf. Babys, die sich nicht bewegen, die nicht greifen, nicht reagieren oder Schreibabys und extrem unruhige Kinder sollten dringend speziell untersucht werden und in Frühförderzentren vorgestellt werden. In Kinderzentren und Frühförderstellen werden die Kinder besonders untersucht und dementsprechende Therapien den Familien vorgeschlagen. Eine wunderbare Sache, da man hier unter Umständen den Kindern den entscheidenden Schubser für eine ganz normale, glückliche und gesunde Weiterentwicklung geben kann. Darum sollte es ja auch grundsätzlich gehen: Um ein normales und glückliches Leben. Da stellt sich dann die Frage, was kann und muss ich als Mutter oder Vater eines gesunden Kindes tun, damit alles gut verläuft?
Die Förderung von Kindern hat sich in den letzten Jahren sehr entwickelt. Heute gibt es ein großes Angebot, das fast schon Angst macht. Allein die Tatsache, dass es so viel gibt, setzt Eltern unter Druck. Man hat ja so viel Angst, was falsch zu machen. Von PEKiP über Babyschwimmen und Baby-Englisch bis hin zu Babymusikgruppen fällt die Auswahl schon recht schwer beziehungsweise fragt man sich: braucht man/Baby das?
Im gewissen Rahmen sinnvoll
Krabbel- und Spielgruppen sind nicht zwingend notwendig, im gewissen Rahmen aber durchaus sinnvoll. Natürlich sollte man sich auch zu Hause ausreichend mit seinem Kind beschäftigen, ihm Anreize und Entdeckungsmöglichkeiten bieten. Beispielsweise kann man den Boden verändern und mit Kissen und Matratzen neue Krabbel- und Klettermöglichkeiten schaffen. Kinder im Alltag mithelfen zu lassen, ist auch eine schöne Art der Förderung: Schubladen sortieren, Wäsche aufhängen, einkaufen, Gemüse waschen und vieles mehr. Kinder können so ganz nebenbei ihre Motorik schulen und lernen gleichzeitig etwas Selbstständigkeit. Dabei können Eltern ganz nebenbei beobachten, was ihre Babys und Kinder schon so alles können. Bleiben Sie entspannt und erlauben Sie ihren Kindern, viele, eigene Erfahrungen zu machen. Kinder lernen sehr viel, wenn man sie „einfach mal machen lässt“: Klappt etwas nicht, so müssen Sie sich etwas einfallen lassen, kreativ werden. Wenn Ihnen dann Ihr „Projekt gelungen ist, dann haben die Kleinen ein wunderbares Erfolgserlebnis. Kinder müssen nicht die ganze Zeit bespielt werden. Kein schlechtes Gewissen haben, weil sich der Spross einige Zeit alleine auf dem Teppich mit den Bauklötzen beschäftigt, ganz im Gegenteil: Das schult und fördert die Kreativität und Selbstständigkeit. Kinder, die gelernt haben, sich alleine zu beschäftigen, sind oft sehr ausgeglichen und vor allem voller Fantasie. Langweile ist für Kinder ein Moment, in dem sie sich sammeln und neu ordnen können, Langweile ist wichtig zum Luftholen! Trauen Sie Ihrem Kind zu, dass es auch allein auf neue Ideen kommen wird. Vielleicht geben Sie einen kleinen Anreiz, räumen zusammen auf. Eine neue Ordnung reicht schon meist, um neue Spielideen in Ihren Kindern zu wecken ...
Was gibt es?
Den einen oder anderen Kurs mit seinem Baby zu besuchen ist eine tolle Sache. Viele Eltern bekommen hier einen wichtigen Input und ganz neue Ideen und Tipps rund ums Baby. Vor allem lernen die frischgebackenen Mamas und Papas andere Eltern kennen, so dass jede Gruppe als einzigartige Kontaktbörse dienen kann. In der Umgebung wird meist sehr viel angeboten. Das Bauch & Baby Magazin hat sich ein paar Kurs- Angebote für Sie herausgepickt und genauer unter die Lupe genommen.
Babymassage
Mit circa drei Wochen kann das Baby bei einem Massagekurs mitmachen. Je nach Anbieter wird natürlich unterschiedlich vorgegangen. Meist wird nach der indischen Lehre massiert. Begründer ist Frederik Leboyer. Die Eltern lernen hier mit „sanften Händen“ die Babys zu verwöhnen und bekommen dabei wichtige Akkupunkturpunkte gezeigt, die bei richtiger Massage Bauchweh, Kopfweh und Ähnliches lindern sollen. Je nach Kind genießen Eltern und Babys diesen Kurs sehr, da man für knapp 45 Minuten nur mit sich und dem warmen und weichen Babykörper beschäftigt ist, alles andere darf liegen bleiben. Ein Genuss für Beide!
PEKiP
Die Babys können hier mit vier bis sechs Wochen starten. PEKiP steht für „Prager-Eltern-Kind-Programm“. Im Mittelpunkt hier steht die Beziehung Eltern – Kind, die mit speziellen Bewegungs- und Sinnesanregungen vertieft werden soll. In der Regel sind die Babys dabei nackt, damit sie sich mehr spüren und freier bewegen können. Pekip ist eine tolle Sache: Eine gute Kursleiterin gibt Tipps zur Entwicklung, Ernährung und vielen anderen Dingen rund ums Baby, Eltern bekommen ebenfalls Spielanregungen und ein Erfahrungsaustausch findet auch noch statt. Da hier vor allem auch die einzelnen Entwicklungsstadien der Säuglinge beobachtet werden, könnte ein gewisser Druck entstehen, die Kinder werden miteinander verglichen und eventuell sogar bewertet. Das sollte natürlich nicht der Fall sein. Eine gute PEKiP-Leiterin wird Sie auf gewisse Dinge aufmerksam machen und ein paar Tipps geben, wie Sie mit dem Baby einige Dinge üben können. Nicht, weil Ihr Kind hinterher hinken und es erste Defizite aufzeigen würde, darum geht es nicht! Sondern darum, das Kind in seinen Bewegungsabläufen zu unterstützen und zu fördern- ein wichtiger Grundstein für die gesamte Entwicklung. Aber ganz ohne Druck und vollkommen wertfrei!
Musik
Schon für die Allerkleinsten werden Musikgruppen angeboten und in der Tat haben die kleinen Krabbelzwerge an den Instrumenten und Geräuschen viel Vergnügen. Benutzt werden einfache Instrumente wie Klanghölzer, Rasseln oder Glöckchen. In einem guten Kurs geht es nicht darum, dass aus den Kursen einer kleiner Mozart oder einer kleiner Bach entsteht, sondern Eltern und Kinder sollen gemeinsam Musik leben und erleben dürfen. Gemeinsam singen, tanzen und musizieren macht Spaß.
Schwimmen
In einem Babyschwimmkurs geht es natürlich nicht darum, dem Säugling das Schwimmen beizubringen. Mit den Kleinen ins warme Wasser zu gehen, bereitet einfach sehr viel Freude und Vergnügen. In einem Kurs lernen Eltern Tricks, wie sie die Kinder gut im Wasser halten und beschäftigen können. Das schult den Gleichgewichtssinn der Babys, vor allem aber lernen die Zwerge das Wasser zu lieben. Wenn Sie allerdings Schwimmbäder nicht mögen und nie mochten, dann besteht auch jetzt ganz und gar keine Notwendigkeit mit dem Baby ins Schwimmbad zu gehen. Es wird trotzdem irgendwann schwimmen können und wenn es mag, sehr gerne ins Wasser springen.
Krabbelgruppe
Eine Krabbel- oder auch Spielgruppe wird sehr unterschiedlich aufgebaut. Im Vordergrund steht dabei meist der Austausch zwischen den Eltern. Häufig werden zu Beginn ein paar Begrüßungslieder gesungen, dann wird gespielt, getobt und gebastelt. Eine ungezwungene und lockere Atmosphäre sollte herrschen, dann fühlen sich alle wohl und können neue Kontakt schließen. Viele Gemeinden und Stadtteile bieten bei der Nachbarschaftshilfe, in Familienvereinen oder Mütterzentren Krabbelgruppen an. Bestimmt auch in Ihrer Nähe.
Fazit
Frisch gebackene Eltern werden überrollt von dem immensen Kursangebot und geraten vielleicht deshalb unter Druck und bekommen Angst, etwas zu versäumen, wenn sie dieses Angebot nicht nutzen. Natürlich ist das nicht so und niemand brauch ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er keinen Kurs machen möchte. Es gibt gewisse Rahmenbedingungen, die erfüllt werden sollten, damit ein Kind sich gut entwickeln kann: Dazu gehört es, zu Hause eine Umgebung zu schaffen, in der es sich wohlfühlt und entfalten kann. Dazu gehört es, dass Mama und Papa viel mit ihrem Kind reden und singen und einfach viel Spaß gemeinsam machen. Dazu gehören ein Spaziergang an der frischen Luft und der Besuch bei Großeltern und Freunden. Dazu gehört aber auch, dass sich die Kinder mal langweilen, innehalten und sich alleine beschäftigen, so kommen sie auf neue Ideen.
Packen Sie sich den Terminkalender nicht zu voll, so dass ein Kurs den nächsten jagt. Ein, zwei Kurse in der Woche reichen völlig. Sie bekommen dort neue Anregungen und Ideen, neue Kontakte und nette Stunden. Wenn Sie keinen machen wollen, dann machen Sie keinen. Mit dem Elternherz am rechten Fleck und etwas Kreativität in der Erziehung kann nicht viel schief laufen. Das wichtigste, das Sie Ihrem Kind geben können, ist - so kitschig das klingen mag - viel Liebe und Sicherheit, die aus dem Baby einen guten, aufrechten, freundlichen und glücklichen Menschen machen. Und dazu braucht man keinen Kurs!