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Frühchen - Überlebenschancen steigen mit jedem Tag
Jährlich werden deutschlandweit rund 60.000 Kinder vor der 37. Schwangerschaftswoche (SSW) und damit zu früh geboren.
Demnach ist eins von zehn Neugeborene ein Frühchen. Frühgeborene sind folglich die größte Kinderpatientengruppe Deutschlands. Fast 3.500 dieser Kinder gelten mit weniger als 1.000 Gramm Geburtsgewicht als Extremfrühchen.
Zurzeit liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit ab der 24. SSW in Deutschland bei rund 60 Prozent und steigt mit zunehmender Reife der Kinder. Die Überlebenswahrscheinlichkeit von Kindern mit einem Geburtsgewicht von weniger als 500 Gramm liegt zurzeit bei ca. 20 bis 30 Prozent.
Je unreifer die Kinder waren, desto höher ist das Risiko für bleibende Entwicklungsbeeinträchtigungen. Das können neben Körperbehinderungen oder kognitiven Beeinträchtigungen, auch Aufmerksamkeitsdefizite und/oder Hyperaktivitätsstörungen sein.
Mehr Frühchen überleben
Aufgrund diverser medizinisch-technischer Fortschritte steigt die Zahl der Kinder, die auch eine erheblich zu frühe Geburt überleben. So werden bei durchschnittlich vier von fünf Kindern, die vor der 26. Schwangerschaftswoche geboren wurden, im Alter von sechs Jahren entsprechende Schädigungen nachgewiesen, die eindeutig auf die unüblich frühe Geburt zurückgeführt werden können. Eine amerikanische Studie, bei der 219 ehemals frühgeborene Kinder im Alter von acht Jahren untersucht wurden, fanden sich bei 21 Prozent Asthmaerkrankungen (im Gegensatz zu 9 Prozent in der Kontrollgruppe), bei 47 Prozent motorische Störungen (im Gegensatz zu zehn Prozent in der Kontrollgruppe) und bei 38 Prozent ein Intelligenzquotient von weniger als 85 (im Gegensatz zu 15 Prozent in der Kontrollgruppe). In einer weiteren Studie wurde statistisch nachgewiesen, dass frühgeborene Männer und Frauen weniger Nachkommen haben. Bei frühgeborenen Frauen ist zudem das Risiko erhöht, selbst eine Frühgeburt zu erleiden. 25 Prozent aller extremen Frühgeburten (Geburtsgewicht unter 1.000 g) zeigen im Kindesalter Anzeichen von Autismus. Auch eine Lernbehinderung oder mehrere (wie beispielsweise eine Lese-Rechtschreib-Schwäche oder/und Rechenschwäche) kommen bei extremen Frühgeburten sehr viel häufiger vor als unter Reifgeborenen. Von den ehemaligen Frühchen mit einem oder weniger als einem Kilo Geburtsgewicht ist laut US-Statistik jedes Zweite im Alter von acht Jahren lernbehindert. Die verminderte Intelligenz wurde auch einer aktuellen amerikanischen Studie bestätigt, Frühgeburten sollten demnach für 15 Prozent aller intellektuellen Behinderungen verantwortlich sein. Auch psychische Störungen (wie z.B. Depressionen und Angststörungen) und Verhaltensauffälligkeiten kommen unter extremen Frühgeburten häufiger vor.
In vielen Industrieländern wird die Behandlung von kritischen Frühgeburten vor der 26. Schwangerschaftswoche nur in speziellen Perinatalzentren durchgeführt, die eine gewisse Fallzahl aufweisen müssen. In Deutschland ordnete im Jahr 2008 der zuständige Bundesausschuss von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen an, dass mindestens zwölf Fälle von Frühchen pro Jahr in spezialisierten Häusern behandelt werden müssen. Bis zu 80 von zuvor rund 400 Kliniken fallen damit aus der Frühchenversorgung heraus. Im Jahr 2009 beschloss das Gremium dazu noch, dass die behandelnden Krankenhäuser die Sterblichkeitsrate und Komplikationshäufigkeit im Internet veröffentlichen müssen.
Erfahrene Kliniken erhöhen Chancen
Es ist wissenschaftlich belegt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Anzahl von Risikogeburten vor der 26. Schwangerschaftswoche in einer Klinik und den Behandlungserfolgen gibt: Je erfahrener die Ärzte und je höher die Zahl der Fälle, desto größer ist die Chance auf ein Überleben des Kindes ohne Spätfolgen.
Deutlich zeigt dies eine medizinische Studie von 2006 anhand einer Statistik über Frühgeborene in Baden-Württemberg 2003/2004. Darin wird die Mortalitätsrate der fünf größten Perinatalzentren (Freiburg, Heidelberg, Tübingen, Ulm und Stuttgart) der aller übrigen Kliniken gegenübergestellt. Für Frühgeborene vor der 26. Schwangerschaftswoche ergab sich eine Sterblichkeitsrate von 15 Prozent in den genannten Zentren gegenüber 33 Prozent in den übrigen Krankenhäusern. Ab der 26. Schwangerschaftswoche unterscheiden sich die Statistiken jedoch nicht mehr signifikant.
Quelle: z.T. Wikipedia