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„Anker auf hoher See“ ist der Titel der neuen Ausstellung, die die gemeinnützige Organisation little ART am 26. Juni im Münchner Künstlerhaus eröffnet. Ein Anker – das ist genau das, was die Grundschulkinder in den so genannten Übergangsklassen oftmals nicht haben. Die sechs- bis zehnjährigen Kinder, die als Migranten mit ihren Eltern gerade nach Deutschland gekommen sind und noch kaum Deutsch sprechen, werden in diesen Schulklassen unvorbereitet mit einer völlig neuen Welt konfrontiert: Sie sind umgeben von Kindern aus anderen Nationen, mit denen sie sich nicht verständigen können, und sitzen im deutschsprachigen Unterricht, den sie nicht verstehen. Elena Janker, Gründerin und Leiterin von little ART, hat elf Monate lang mit zwei Übergangsklassen gearbeitet. Sie gab den Kindern die Möglichkeit, ihre – teilweise traumatischen – Erfahrungen in der universellen Sprache der Kunst auszudrücken. Entstanden ist daraus eine Ausstellung über das Auf und Ab auf hoher See: mit Kunstwerken, die Traurigkeit, Wut und Verzweiflung genauso widerspiegeln wie unbändige Lebensfreude.
Mit diesem Projekt, das die Castringius Kinder- und Jugend-Stiftung und die Stadt München gefördert haben, möchte Elena Janker auf die schwierige Situation der Kinder, aber auch der Lehrer in den Übergangsklassen aufmerksam machen. „Wenn ein Kind aus einem anderen Land nach Deutschland kommt, sollte alles getan werden, um ihm das Ankommen angenehm zu gestalten“, wünscht sich Elena Janker. „Die Kinder bräuchten Sprachunterricht in Kleinstgruppen, um sich in ihrer neuen Welt zurecht zu finden. Das würde auch den Lehrerinnen und Lehrern die Arbeit erleichtern.“ Die Sprachkenntnisse der Kinder entscheiden darüber, ob und wann sie die Übergangsklassen verlassen und in eine reguläre Schulklasse eingegliedert werden.
Und manchmal schwimmt ein Hai vorbei
Für ihre Workshops mit den beiden Schulklassen besuchte Elena Janker die Schulen vor Ort. Gemeinsam mit Kindern aus über 20 Nationen experimentierte sie mit Farben, Formen und Stoffen. Bei der künstlerischen Arbeit verständigten sich die Kinder unter einander fast ohne Worte. Dadurch wurden sie ermuntert, ihre Gefühlslage in ihren Bildern und Kunstwerken auszudrücken – und sich dadurch ihrem Umfeld sprachunabhängig mitzuteilen. „Viele Kinder spüren keinen festen Boden unter den Füßen“, beschreibt Elena Janker ihre Eindrücke der entstandenen Kunstwerke. „Sie treiben auf hoher See und fühlen sich nirgends zugehörig, und manchmal schwimmt ein Hai vorbei.“
Die Ausstellung „Anker auf hoher See“ im Münchner Künstlerhaus eröffnet am 26. Juni und läuft bis zum 30. September. Sie ist montags bis freitags 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenfrei. Weitere Informationen finden Sie auf www.little-art.org.